Jahrhundertelang spielte sich der größte Teil des Verkehrs in Norwegen auf dem Wasser ab, denn es gab kaum Wege und Straßen durch das Land. Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Dampfschifffahrt aufkam, sollte sich das Verkehrswesen langsam, aber stetig ändern, denn mit den Dampfschiffen gab es Möglichkeiten, die es zu Zeiten der Segelschifffahrt nicht gegeben hatte. So gab es schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Sommermonaten unregelmäßige Dampfschiffverbindungen zwischen Trondheim und Tromsø, aber der Verkehr beschränkte sich auf die wenigen Monate im Jahr, in denen es 24 Stunden am Tag hell ist.

1891 entwickelte der für die norwegische Dampfschifffahrt zuständige Referent A. K. Gran die Idee, zwischen Trondheim und Hammerfest eine fahrplanmäßige Ganzjahresverbindung zu etablieren und bot dafür eine staatliche Unterstützung an. Doch die beiden großen Reedereien, die ihren Sitz in Trondheim bzw. Bergen hatten und für die Nordnorwegen weit weg war, lehnten das Angebot ab, denn sie hielten es nicht für möglich, die zerklüftete norwegische Küste auch im Winter sicher zu befahren. In dieser Zeit gab es nur zwei Seekarten und lediglich 28 Leuchttürme nördlich von Trondheim.

Doch der Kapitän und Reeder Richard With aus Stokmarknes auf den Vesterålen nahm die Herausforderung an, denn er und seine Lotsen und Offiziere hielten das Vorhaben für durchführbar, weil sie schon seit geraumer Zeit präzise Kurstabellen für diese Strecke angefertigt haatten. Mit ihrer Hilfe konnte man auch in der Dunkelheit, nach Uhr und Kompass, sicher durch das Inselgewirr navigieren. Am 18. Mai 1893 erhielt er einen Vierjahresvertrag vom Staat, demzufolge im Sommer die Strecke von Trondheim bis Hammerfest einmal pro Woche und im Winter einmal pro Woche von Trondheim bis Tromsø zu bedienen war. Dabei sollten unterwegs neun Häfen angelaufen werden. So verließ am 2. Juli 1893 das Dampfschiff „Vesteraalen“ den Hafen von Trondheim mit Kurs auf Hammerfest zur ersten fahrplanmäßigen Fahrt des neuen Liniendienstes. Drei Tage später erreichte das Schiff – 1½ Stunden vor der geplanten Zeit – den Hafen von Hammerfest. Für Norwegen begann damit ein neues Zeitalter, denn erstmals waren Nord und Süd durch eine ganzjährige Schifffahrtslinie verbunden. So blickt der norwegische Küstenexpress heute auf eine fast 130-jährige Geschichte zurück.

Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde dieser Liniendienst immer weiter ausgebaut und seit langem gibt es eine tägliche Abfahrt. Zudem beginnt die Schifffahrt bereits in Bergen und führt heute von Hammerfest weiter bis nach Kirkenes in der östlichen Finnmark nahe der russischen Grenze. Besonders für die Bewohner von Nordnorwegen waren und sind die Schiffe der Küstenlinie von großer Bedeutung, denn mit ihnen werden Waren und Güter aller Art transportiert und Menschen befördert. Es hat sich viel geändert in den vergangenen fast 130 Jahren, aber der Küstenexpress hat nicht an Bedeutung verloren. Trotz neuer und moderner Schiffe ist die Ursprünglichkeit der Reise geblieben. Es ist nach wie vor ein alltägliches Verkehrsmittel für die Menschen an der norwegischen Küste und ein wichtiges Bindeglied zwischen dem dichtbesiedelten Westen und Süden des Landes und dem dünn besiedelten Norden Norwegens.

Im Jahre 2018 wurde die Küstenlinie von der norwegischen Regierung neu ausgeschrieben und ab 2021 bedienen nun für die nächsten Jahre wieder zwei Reedereien diese Strecke – es gab sogar Zeiten, wo sich noch mehr Reedereien diesen Liniendienst teilten.
Trotz einer neuen Reederei und neuer Schiffe: Routen und Traditionen bleiben unverändert. Jeden Abend macht sich ein Schiff in Bergen auf die 2.500 Seemeilen (= 4.630 Kilometer) lange und elf Tage dauernde Reise bis Kirkenes und zurück, bei der in jeder Richtung über 30 Häfen angelaufen werden. Da die Reise 11 Tage dauert, müssen es auch 11 Schiffe sein, damit jeden Abend ein Schiff für die nächste Abfahrt zur Verfügung steht. So sind es in Zukunft 7 Schiffe der bisherigen Hurtigruten-Reederei und 4 neue Schiffe des traditionsreichen norwegischen Familienunternehmens Havila.