In Russland charakterisiert man das Land gern mit: „St. Petersburg ist der Kopf, Moskau das Herz, Nowgorod der Vater und Kiew die Mutter“. Interessant, dass sich diese zur Charakterisierung herangezogenen Städte nur im europäischen Teil des größten Landes der Erde befinden, obwohl dieser nur rund ein Viertel des Riesenreiches ausmacht. Um die Jahrtausendwende formierte sich das Kiewer Rus, parallel erfolgte die Christianisierung von Byzanz aus und im Westteil des heutigen Russlands erstarkten mehrere Nachfolgereiche, besonders das Großfürstentum Moskau, der Kern der heutigen Russischen Föderation. Das Land ist ein Vielvölkerstaat und die russisch-orthodoxe Kirche vorherrschend. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts ließ Zar Peter I. den Bau römisch-katholischer Kirchen zu. Reich ist das Land an Rohstoffen – man vermutet 20-30 % der Rohstoffreserven weltweit in Russland – vornehmlich Erdgas. Bei der großen Landesfläche wurden die meisten Städte nur als Handelsstützpunkt gegründet – über die Hälfte aller Städte Russlands ist übrigens weniger als 100 Jahre alt. Die Städte des Goldenen Ringes wie Suzdal, Jaroslaw, Uglitsch und Kostroma hingegen waren vor Moskau religiöse oder wirtschaftliche Zentren, reiche Handwerker- oder Kaufmannssiedlungen. Ihre günstige geographische Lage – nicht wenige Städte des Goldenen Rings liegen an der Wolga oder einem ihrer Nebenflüsse – ließen sie im Mittelalter aufblühen und sind damit von großer Bedeutung für die russische Geschichte. Sie gehören heute zu den beliebtesten Zielen Russlandreisender – jede der neun Städte hat etwas ganz Besonderes. Ein Muss beim Besuch des Riesenreiches ist selbstverständlich auch die Zarenstadt St. Petersburg, wunderschön an der Ostsee gelegen mit ihren eindrucksvollen Bauten und natürlich die Hauptstadt Moskau.
Sehenswertes
Moskau
Die russische Hauptstadt ist die größte Stadt Europas mit über 12 Millionen Einwohnern, hat heute acht Bahnhöfe, vier internationale Flughäfen und drei Binnenhäfen und doch ist die Stadt relativ jung, denn als Gründungsjahr gilt 1147 und das sind somit rund 200 Jahre später als viele Städte des Goldenen Ringes. Die weitere Entwicklung der Stadt war dann aber rasant, denn im 14. Jahrhundert war die Stadt auf 30.000 Einwohner gewachsen, im 16. Jahrhundert bereits auf 100.000. Nach dem Einfall der Tartaren und dem Großbrand 1571 wurde Moskau, das vorher hauptsächlich aus Holzbauten bestand, neu aufgebaut, und um 1600 von einer neun Kilometer langen Stadtmauer eingefasst. Auch nach der Verlegung des Zarenhofes nach St. Petersburg 1712 entwickelte sich die Stadt weiter - so wurde die Universität 1755 gegründet und kurz vor der Jahrhundertwende wuchs Moskau - damals nicht als Hauptstadt - weiter auf über 1 Millionen Einwohner. Nach dem 1. Weltkrieg erhielt die Stadt wieder die Hauptstadtfunktion des neuen Staates Sowjetunion. Der „Generalplan Stadterneuerung“, der unter Stalin beschlossen wurde, ließ einen Großteil des alten Moskaus verschwinden, u.a. die Christ-Erlöser Kirche, die 1931 gesprengt, aber als größte russisch-orthodoxe Kirche wiederaufgebaut und im Jahr 2000 geweiht wurde. Der Wiederaufbau Moskaus nach dem 2. Weltkrieg sah vor, in bestimmten Bereichen das Alte Moskau, neben dem neuen, wiederherzustellen - so bietet die Stadt heute dem Besucher einen spannenden Mix aus historischer Bausubstanz und hochmoderner Großstadt.
St. Petersburg
St. Petersburg ist die nördlichste Millionenstadt der Welt mit über fünf Millionen Einwohnern. Zar Peter der Große ließ die Stadt an der Mündung der Newa bauen, doch sind ihre Ursprünge sehr viel älter: schon im 13. Jahrhundert wurde an dieser Stelle Handel getrieben und Schweden und Nowgorod kämpften hier um die Vormachstellung. Die Peter- und Paul-Festung geht zurück auf die 1611 an strategisch wichtigem Ort geschaffene schwedische Bastion Nyenschanz, um die herum sich eine Siedlung entwickelte. Die Stadtplanungen ab dem 18. Jahrhundert unter Peter dem Großen, aber auch Kaiserin Anna und Katherina gaben der Stadt ihr heutiges Gesicht. Die Hauptstadt des Landes von 1712 – 1918 beeindruckt mit großen Straßen- und Platzanlagen sowie über 2.000 Prunkbauten – hauptsächlich aus dem 18. Jahrhundert. 1924 wurde die Stadt zu Ehren Lenins in Leningrad umbenannt und auch sie sollte, wie Moskau, in den 30er Jahren grundlegend verändert werden, das Zentrum sollte um den Moskauer Platz nach Süden verlegt werden, was allerdings durch den Kriegsausbruch (erfreulicherweise) nicht zur Umsetzung kam und so begeistern bei einem Besuch heute die eindrucksvollen Bauten der Zarenzeit, die eine echte Zeitreise ermöglichen.
Der Goldene Ring
Der Begriff „Goldener Ring“ wurde vom Journalist Juri Bytschkow 1974 zur Vermarktung dieser an Historie reichen altrussischen Städte nordöstlich von Moskau geprägt. Lange vor der Existenz der russischen Hauptstadt waren diese Orte wirtschaftliche, religiöse und kulturelle Zentren, die sich bis heute sehr unterschiedlich entwickelt haben – einige sind in ihrer Größe mit rund 10.000 Einwohnern in der Geschichte verharrt, andere entwickelten sich zu Großstädten. Was alle eint, sind beeindruckende Bauten verschiedener Jahrhunderte und fast alle haben heute noch einen „Kreml“, was schnell mit dem Moskauer Machtzentrum in Verbindung gebracht wird, allerdings nur die Bezeichnung einer Festungsanlage darstellt. Besonders bemerkenswert sind Susdahl, dessen Ursprünge auf das 10. Jahrhundert zurückgehen und dessen Erlöser-Euthymios-Kloster auf der UNESCO-Welterbeliste zu finden ist, sowie Uglitsch, das erst seit 2018 zum Goldenen Ring gehört, und mit der Dimitrij-Blut-Kirche den Ort markiert, an dem der 8-jährige Sohn Iwans des Schrecklichen – Dimitrij – ermordet wurde. Besonders hervorzuheben ist auch Jaroslawl, das im 16. Jahrhundert das größte Handelszentrum an der Wolga war, und wo in der Mariä-Entschlafens-Kirche im Jahr 1547 mit Michail I., dem ersten Zaren aus der Familie der Romanow, bis 1896 alle Zaren gekrönt wurden.
Nowgorod
Mittig im Wappen der Stadt Nowgorod ist ein Bischofstuhl zu sehen, was auf das Erzbistum hinweist, aber auch in wirtschaftlicher Sicht hat die Stadt von jeher eine wichtige Rolle gespielt – war sie doch schon im Mittelalter das Bindeglied im Handel zwischen der Hanse und Byzanz. Bereits 862 ist eine Siedlung in diesem Bereich genannt, aber erst 989, mit der Erhebung zum Erzbistum, ist eine „neue Stadt“, denn das ist die Übersetzung von Nowgorod, an heutiger Stelle gebaut worden – so wurde 2009 das 1.150-jährige Stadtjubiläum groß gefeiert. Im 12. Jahrhundert wurde die Stadt einer der größten und mächtigsten Stadtstaaten und war einer der großen Warenumschlagorte im Ostseeraum. Doch auch die Bedeutung Moskaus wuchs und so wurde Nowgorod im 15. Jahrhundert in Großfürstentum Moskau integriert, in den folgenden Jahrhunderten mehrmals angegriffen und im zweiten Weltkrieg in großen Teilen zerstört, aber bereits ab 1944 wieder aufgebaut. Überschaubar und sehenswert ist die Stadt mit rund 220.000 Einwohnern, über der auf dem Burgberg die große Festung thront und zusammen mit der Altstadt seit 1992 zum UNESCO-Welterbe gehört.
Hätten Sie’s gewusst?
- Die Gebäude des Kremls in Moskau waren bis ins 19. Jahrhundert weiß gestrichen. Der Name „Roter Platz“ leitet sich also weder von der Gebäudefarbe ab noch ist er politisch motiviert. Das russische Wort „krasnaja“ hat die Bedeutung „schön“ aber eben auch „rot“ – daher die deutsche Übersetzung.
- Um die Stadt St. Petersburg möglichst schnell zu errichten, erließ Peter der Große, dass in keiner anderen Stadt als St. Petersburg Steingebäude gebaut werden durften, sodass alle Steinmetze nur in „seiner“ Stadt Arbeit fanden.
- In Uglitsch, das zum Goldenen Ring gehört, wurde Peter Smirnow geboren, der später sein Wodka-Imperium schuf – ein Wodka-Museum in der Stadt lädt zum Besuch und zur Verkostung ein.
- Seit 1999 heißt die Stadt Nowgorod offiziell Weliki Nowgorod.
- Seit Jahresbeginn 2021 dürfen erstmals in der 80-jährigen Geschichte der Moskauer Metro Frauen die Züge lenken – zum Start wurden 12 Zugführerinnen eingestellt.
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